Gesundes Selbst-Bewusstsein schützt vor Übergriffen

Nachricht 08. Februar 2018

Prävention im Paul-Gerhardt-Kindergarten

Sarstedt (stb). Wenn jemand „bei etwas Bauchschmerzen hat“, dann hat er meist ein recht gutes „Bauchgefühl“, will heißen, er hat ein Gespür dafür, was gut und richtig ist. Das ist bei Kindern nicht anders als bei Erwachsenen. Und doch erziehen Eltern ihre Kinder oft dazu, genau dieses Gefühl auszublenden, wenn es darum geht, das zu tun, was andere von ihnen verlangen. Dabei ist dieses intuitive, in den Eingeweiden beheimatete Entscheiden ein archaischer Schutzmechanismus, der die Menschheit seit jeher davor bewahrt hat, Dinge zu tun, die ihr schaden.

Da setzt das Präventionskonzept des Paul-Gerhardt-Kindergartens in Kooperation mit dem Hildesheimer Verein Wildrose Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt e.V. an, sowohl bei den Kindern als auch bei den Eltern.

In einem dreitägigen Kurs beschäftigen sich seit einigen Jahren immer die Schulanfänger der Kita mit dem Selbst-Schutz. Unter der Anleitung von Birgit Klein von Wildrose e.V. ging es in der vergangene Woche ums bewusste „Ja“- und „Nein“-Sagen, das Hören auf die eigenen Bedürfnisse, die Frage, wer und was eigentlich „fremd“ ist, und die eigene Selbstwahrnehmung.

Der Einstieg ist die Beschäftigung mit dem „Fremden“. Vor dem warnen viele Eltern ihre Kinder und verbieten mitzugehen. Doch wer ist eigentlich fremd? Die Nachbarin, Papas Arbeitskollege oder der Opa der besten Freundin? Dabei fängt es schon im eigenen Zuhause an, wenn Kinder gedrängt werden, doch der Tante das Küsschen oder dem Opa die Umarmung nicht zu verweigern. So lernen Kinder schon früh ganz nebenbei, dass ihre eigene Meinung nichts zählt. Warum sollten sie also dem „bösen Fremden“ „Nein“ sagen, wenn er um etwas bittet oder das Kind zu etwas auffordert.

Birgit Klein begann deshalb jeden Kurstag mit der Frage „Wie geht es euch, was wünscht ihr euch vom Tag, damit er schön wird?“ Dann wurden unter anderem die Bilderbücher „Der Neinrich“ und „Nein! Nein! Ich steig´ in kein fremdes Auto ein!“ vorgelesen und über den Inhalt gesprochen. Dazu wurden „Ja“- und „Nein“-Hände aus Pappe gebastelt, mit denen die Mädchen und Jungen auch visuell ihre Zustimmung und Abneigung deutlich machen konnten. Später kamen Mimik-, Gestik- und Körperhaltungsübungen dazu.

Damit der Kurs nicht ins Leere läuft, gibt es vor jedem Kursdurchlauf in der Paul-Gerhardt-Kita auch einen Elternabend, in dem die Eltern nicht nur Fragen stellen können, sondern auch erfahren, das ein Kind, dem das Recht auf Selbstbestimmung zugestanden wird und das gelernt hat, sein Handeln mitzubestimmen, und erfahren hat, dass sein „Ich will nicht!“ akzeptiert wird, weniger gefährdet ist, ein Opfer zu werden.

Denn Täter suchen sich ihre Opfer aus. Und ein starkes, selbstbewusstes Kind weiß, wann es auf sein Bauchgefühl hören muss.