In einem kleinen Festakt wurde am 19. Dezember 2021, dem 4. Advent, Rita Seifert, Pfarrsekretärin der St. Nicolai Gemeinde, in den Ruhestand verabschiedet. Pastor Matthias Fricke hob in seiner Predigt ein Loblied an auf „den gewachsenen Glauben im Gegenwind von Ulbricht und Honecker“, der Rita Seifert, die in der DDR aufgewachsen und aus ihr geflohen war, kennzeichne. Seifert war seit dem 1. September 1990 Pfarrsekretärin am Kirchplatz und hat seitdem „von Pastor Schwetje bis Fricke“ viele Pastoren kommen und gehen sehen.
Annett Gittermann, Vorsitzende des Kirchenvorstandes, griff in ihrer Ansprache auf die Form einer Geschichte zurück. „Als Gott die Pfarrsekretärin erschuf…“:
Als Gott die Pfarrsekretärin erschuf, machte er bereits den sechsten Tag Überstunden - da erschien ein Engel und sagte: „Herr, Ihr bastelt aber lange an dieser Figur.“ Der liebe Gott antwortete: „Hast Du die vielen speziellen Wünsche auf dieser langen Liste gesehen? Sie soll Nerven wie Drahtseile haben und einen Rücken, auf dem sich alles abladen lässt, dabei aber so zierlich, dass sie sich in viel zu kleinen Diensträumen wohl fühlen kann. Sie muss fünf Dinge gleichzeitig tun können und dabei immer noch eine Hand frei haben. Da schüttelte der Engel den Kopf und sagte: „So viele Eigenschaften, das wird wohl kaum gehen.“ „Ich bin schon ziemlich weit“, sagte Gott, „aber die drei Paar Augen bereiten mir Kopfschmerzen, die schon das Standardmodell haben soll: ein Paar, damit sie in alle Zimmer sehen kann, um alles zu betreuen, ein weiteres Paar am Hinterkopf, damit sie auch sieht, was hinter ihr vorgeht und was sie unbedingt trotzdem wissen muss, und natürlich das eine Paar vorne, mit dem sie den Besucher ansieht und ihm klarmacht: ‚Ich verstehe Sie, bin für Sie da, ohne dass sie ein Wort sprechen muss.'“
Der Engel zupfte Gott leicht am Arm und sagte: „Geht schlafen, Herr, und macht morgen weiter.“ „Ich kann nicht, ich habe bereits geschafft, dass sie kaum krank wird und wenn, dann heilt sie sich selber, sie kann mit Überstunden leben und kommt mit wenig Freizeit aus und wenn sie dann mal frei hat, ist sie ehrenamtlich in der Kirche tätig.“
Der Engel ging langsam um das Modell der Sekretärin herum. „Das Material ist zu weich.“ „Weich schon, weil sie mit allen mitfühlt, dabei aber zäh“, entgegnete der liebe Gott. „Du glaubst gar nicht, was es alles aushält!“ „Mmh“, sagte der Engel, „kann sie etwa auch selbständig denken und handeln?“ „Nicht nur das, sie kann auch Kompromisse schließen und Wogen glätten“, sagte der liebe Gott. Schließlich beugte sich der Engel vor und fuhr mit dem Finger über die Wange des Modells. „Ist das etwa eine Träne? Wofür ist die denn?“ „Sie fließt bei Trauer und Verständnis und bei Freude und Lachen für alle Angelegenheiten in der Gemeinde“, sagte Gott.
Der Engel war beeindruckt, dass sein Chef so viele Überstunden und so viel Leidenschaft in dieses Modell der Pfarrsekretärin steckte und am Ende war Gott zufrieden, denn er sah, es war gut, was er geschaffen hatte:
Sein Prototyp Rita Seifert funktionierte bestens:
• das Chaos beherrschen und den Laden schmeißen
• zwei offene Ohren und ein offenes Herz für jeden haben, auch nachdem das Telefon schon 35 Mal geklingelt hat
• den hungrigen Computer mit immer neuen Daten füttern
• Postboten, Paketdiensten, Besuchern und Handwerkern freundlich Einlass gewähren.
• immer wissen, wo die Pastoren gerade sind, was nächste Woche in der Kirche los ist, wo die Gemeindebriefe abzuholen sind und wer am Dienstag um 16.00 h den Gemeindesaal blockiert.
Frau Seifert ist für ihre Kompetenz, ihre engagierte und freundliche Art in der Gemeinde bekannt und hochgeschätzt. Unzähligen Besuchern des Pfarrbüros hat sie einen freundlichen Blick und ein gutes Wort und ungezählten Anrufern ein geduldiges Ohr geschenkt. Das war sicherlich nicht immer einfach, denn es landeten im Pfarrbüro auch Ärger und Probleme, die es zu lösen galt. Egal um was es sich handelte, die ganze Fülle und Breite der Aufgaben einer Pfarrsekretärin hat Frau Seifert immer souverän gemeistert.
Sie hat so einige Pastoren und Superintendenten kommen und gehen sehen, sie ist seit 30 Jahren eine Konstante im Gemeindenetzwerk gewesen. Nun geht sie in den verdienten Ruhestand, um sich ihrer Familie und ihren zahlreichen Hobbies zu widmen, aber so ganz geht man doch nie. Wie ich sie kenne, werden wir sie sicher noch das ein oder andere Mal
hier in der Kirche sehen oder bei ehrenamtlichen Aufgaben bei unseren gemeindlichen Veranstaltungen, darauf freuen wir uns sehr!
Im Namen der ganzen Gemeinde möchten ich mich bei Ihnen, Frau Seifert, für Ihren jahrelangen engagierten Einsatz ganz herzlich bedanken.
Ihre
Annett Gittermann
Vors. Des Kirchenvorstandes der St. Nicolai Kirchengemeinde Sarstedt