Pastor Fricke in St. Nicolai erhält Unterstützung aus der Gemeinde / „Sie sprechen, den Rest machen wir“
„Ich bin ein analoger Mensch“, sagt Pastor Matthias Fricke über sich selbst. Trotzdem ist er jetzt auf der Homepage der St.-Nicolai-Gemeinde regelmäßig im Video zu sehen – dank der Unterstützung aus der Gemeinde.
Videoandachten sind in vielen Kirchengemeinden derzeit ein Weg, die Verbindung zwischen Kirche, PastorIn und Gemeindemitgliedern aufrecht zu erhalten. Das Angebot erscheint angesichts des Verbots öffentlicher Gottesdienste naheliegend – aber nicht für alle Geistlichen ist es so selbstverständlich, ihre Gedanken über bisher kaum genutzte Medien zu teilen. So war auch Matthias Fricke, Pastor der St.-Nicolai-Gemeinde in Sarstedt, froh über einen Anstoß aus der Gemeinde.
Ohne Gottesdienst, ohne seelsorgerliche Besuche bei den Gemeindemitgliedern, brachen für Pastor Fricke ganz wesentliche Teile seiner Arbeit weg. „Als Pastor lebe ich von der Begegnung“, bedauert er die momentanen Einschränkungen. Er schreibt Briefe und Mails, telefoniert unglaublich viel, aber dennoch: „Wir sehnen uns nach Verbindung“, erfährt er in den Gesprächen.
„Ich bin nicht technikaffin“, gesteht der Pfarrer. Doch dann erhielt er eine Mail von Ortrud Kepper-Bruns, die Videoandachten für die Gemeinde vorschlug. Und auch gleich ergänzte: „Sie müssen nur sprechen, alles andere machen wir.“ Womit sie eigentlich meinte: Das macht mein Sohn. Der 22-jährige Manuel Bruns ist Fachinformatiker, doch sein Hobby sind Ton- und Videotechnik. Deshalb hat er sich privat schon eine umfangreiche Ausstattung angeschafft.
Pastor Fricke nahm die Anregung gern auf. „Ich schätze es sehr, wenn Menschen mitdenken“, sagt er. Manuel Bruns hatte er bei der Diamantenen Hochzeit von dessen Großeltern in Aktion gesehen. Nun rückt der Hobby-Filmer schon zum sechsten Mal in der Kirche für Aufnahmen an. Pastor Fricke hat einen knappen Ablauf notiert. Die Begrüßung spricht er auf der Bank sitzend, dann wechselt die Einstellung zum Altar. Manuel Bruns stellt Scheinwerfer auf, prüft den Bildausschnitt – ist die Osterkerze zu sehen? – und den Ton. Wenn schon, dann will er es richtig machen. Fährt draußen ein LKW vorbei oder werden laut Autotüren geschlagen, stoppt er die Aufnahme.
Pastor Fricke hat sich zunehmend an das neue Medium für seine Andachten gewöhnt. Er bereitet sich gründlich vor, damit er möglichst frei sprechen kann und nur ab und zu einen Blick auf den Text werfen muss, der auf einem Notenständer bereitsteht. Versprecher werden nicht geduldet, dann muss der Absatz eben nochmals aufgenommen werden. Ist das Video fertig, wird es von Karsten Harms hochgeladen. Harms gehört zum Kirchenvorstands-Team, das die Homepage betreut.
Pastor Fricke und Manuel Bruns schließen nicht aus, dass es weitere Videoandachten geben wird, wenn Gottesdienste wieder erlaubt sind – obwohl dann diese Zeit erzwungener Entschleunigung vorbei und die Zeit knapper sein werde. Für Gläubige, denen der Weg zur Kirche zu mühsam geworden ist, gebe es ja aufwändig gemachte Fernsehgottesdienste, angereichert mit tollen Landschaftsbildern und großen Chorauftritten, weiß der Pastor. Doch die Reaktionen aus der Gemeinde haben ihm gezeigt, dass viele eben lieber den eigenen Pastor in der eigenen Kirche sehen und hören wollen.